Gaby ist mein ganz großes Vorbild in Sachen Reisen! Sie hat schon all das erlebt, wovon ich noch träume: Viele Motorradreisen – teilweise auch allein (unter anderem im Iran oder in Afrika), mehrere Weltreisen durch alle Kontinente, Abenteuer in krassen Gegenden und einen 1,5 Jahre langen Roadtrip im ausgebautem LKW von München durch Asien (die „Stans“, China, Indien, Nepal…)
Am allermeisten bewundere ich sie aber für die absolute Gelassenheit, mit der sie von diesen extremen Reisen erzählt – als ob es selbstverständlich wäre, diese (teilweise wirklich spektakulären) Geschichten zu erleben und dafür, dass sie trotz der Fülle des Erlebten immer noch so neugierig ist – und auch den Rest der Welt noch erkunden wird…
Mein Gespräch mit Gaby als Podcast zum Zuhören
Mein erstes Interview in der neuen Reihe „Gespräche mit Reisenden“ habe ich mit Gaby an ihrem Küchentisch geführt und einen Podcast daraus gemacht. Technisch sicher noch steigerbar, aber wer lieber hört als liest, kann sich gerne mit einer Flasche Bier virtuell neben uns setzen und lauschen…
Die entspannte Solo-Travellerin mit Motorrad, Jeep, LKW & Flugzeug
„Liebe Gaby, bei unserem ersten Treffen war ich gerade von der Tajik-Rallye zurück und noch vollgefüllt mit meinen Erlebnissen zwischen Deutschland und Tadschikistan. Es tat mir so unendlich gut, mich darüber unterhalten zu können, denn – und da waren wir uns beide einig – eigentlich interessiert sich keiner so richtig für die Details, die man erlebt hat. Im Grunde gibt es wenige Zuhörer für eigene Reisegeschichten. Geht’s Dir auch so?
Das ist genau so… man hat da irgendwas gemacht und erwartet eigentlich, dass das irgendjemand interessiert, dass mal jemand nachfragt, wo man übernachtet hat oder irgendwie irgendwas gemacht hat – das passiert aber wirklich in den seltensten Fällen. Es ist einfach kein wirkliches Interesse da, wirklich ganz selten.
Das sind dann eigentlich immer nur die anderen Reisenden, die detailliert nachfragen, weil sie sich für ihre eigenen Reisen inspirieren lassen möchten, stimmt’s?
Ja, zum Beispiel die Leute vom Reisestammtisch: die holen sich gerne Informationen. Aber Eltern, Geschwister… nicht mal die fragen nach.
Eigentlich hättest Du ja unendliche Geschichten auf Lager… wenn Dich jemand nach dem eindrucksvollsten Erlebnis fragt: erzählst Du wirklich das, was Dich am tiefsten berührt hat – oder das, was der eher oberflächliche Zuhörer hören will?
Ach, ich erzähle schon immer das, was mich berührt hat. Kann ja der Zuhörer entscheiden, ob es ihm jetzt passt oder nicht…
Welches Deiner Reiseerlebnisse war lebensentscheident?
Und unter uns: kannst Du Dich überhaupt entscheiden unter all den Erlebnissen? Gab es etwas, das Dich tatsächlich so stark berührt hat, dass Du sagen kannst: dies war lebensentscheidend?
Also lebensentscheidend war mein Klosteraufenthalt in Ladakh (im Himalaya), weil ich da am Ende der Welt zu wirklich vielen Erkenntnissen gekommen bin. Ansonsten denkt man dann am Ende der Reise an viele Dinge, die man gerne nach Hause nehmen möchte – aber das ist halt im Alltag schnell wieder vorbei.
Gab es vielleicht sogar mehrere Erlebnisse, die Dich in Summe als Reisende geprägt haben?
Also ich habe vor allem immer versucht, hinter das Offensichtliche zu gehen, immer noch mal ums Eck und noch mal ums Eck… da erst kommt man dann eigentlich zum Wesentlichen.
Wird man als Vielreisende eher bewundert oder beneidet?
Abgesehen davon, dass es wenige wirklich Interessierte gibt – trotzdem wirst Du sicher mit Deinen spektakulären Reisen sehr viel Bewunderung erfahren, oder? Wie empfindest Du die Reaktionen: ist es eher Bewunderung – oder Beneidung?
Es gibt viel Neid. Und dann gibt’s oberflächliche Bewunderung und dann gibt’s ganz selten wirkliche Bewunderung. Weil viele es schon wirklich toll finden, dass man überhaupt was macht. Wenn dann jemand fragt, wie man das macht und wo die Schwierigkeiten sind… das sind dann die Leute, die wirklich wissen wollen, um was es geht. Ansonsten ist die Bewunderung eher oberflächlich, viele sagen dann, dass sie das auch machen wollen. Aber man weiß gleich, dass sie es eh nicht machen, denn die meisten Leute nehmen sich oft so wichtig, dass sie halt niemals weg könnten aus ihren Jobs…
Speziell gegenüber Männern stelle ich immer wieder fest, dass ich eher tiefstaple, um nicht als die supertaffe, zu starke, total unabhängige zu wirken – die ich ja eigentlich bin… Machst Du auch einen Unterschied, wem Du was erzählst?
Ja schon insofern, als dass ich bei Männern eher „höher staple“ als sowieso schon. Also, auch wenn ich unterwegs bin und ich merke, dass die Männer, vor allem auch in islamischen Ländern etwas komisch schauen und die mich links liegen lassen, dann flechte ich immer so kleine „Gscheitlereien“ ein… so dass die so gar nicht mehr wissen, was sie von mir halten sollen und wie viel ich eigentlich wirklich von der Materie verstehe. Und dann ziehen sie mich meistens doch ins Gespräch. Ich frag halt dann, ob’s am Luftdruck liegt oder so etwas… dann kriegen die große Augen und wissen so gar nicht mehr, von was ich spreche… kommt immer gut an!
Welche Herausforderung hatte der Roadtrip mit dem Motorrad in Afrika?
Wir beide sind uns ja einig, dass das Alleinreisen etwas ganz wichtiges für uns ist. Du warst als Steigerung sogar alleine mit dem Motorrad in Afrika – drei Komponenten, die ich in Kombination extrem bewundernswert finde. Aber wenn ich Dich davon erzählen höre, klingt es, als sei es nichts so Besonderes gewesen… Was war das Schwierigste, was war das Einfachste bei diesem Trip?
Ich finde da tatsächlich eigentlich nix Schwieriges dran… Das schwierigste ist nicht während der Reise, sondern tatsächlich den fixen Termin zur Abreise zu setzen. Das Reisen selber finde ich überhaupt nicht kompliziert: nur den Absprung zu schaffen, das ist schwer – schaffe ich allerdings immer.
Genießt Du beim Alleinreisen eigentlich eher die Abgeschiedenheit oder bist Du im Gegenteil sehr kontaktfreudig?
Das ist unterschiedlich, aber meistens bin ich eigentlich sehr, sehr gern für mich. Ich treffe oft tagelang niemanden und ich mag das wirklich sehr gerne, wenn man so für sich ist und auf niemanden Rücksicht nehmen muss.
Welche Erfahrungen machst Du als Alleinreisende?
Hast Du schon mal besonders gute oder extrem schlechte Erfahrungen wegen Deines „Soloauftritts“ gemacht?
Nein, ich habe ausschließlich gute Erfahrungen gemacht! Wirklich nur gute und das überall…
Aber Du reist ja auf ganz unterschiedliche Art: mal allein, mal mit Partner oder Freunden/ Bekannten und sogar schon in Reisegruppen warst Du unterwegs. Abgesehen davon, dass es immer Vor- und Nachteile gibt… auf welche Weise bist Du am liebsten unterwegs?
Hm, also ganz alleine auf dem Motorrad auf jeden Fall, weil damit ist man halt komplett unabhängig. Aber ich verreise auch gerne mit dem Flugzeug, das irgendwo Ankommen… Ich bin schon sehr gerne alleine unterwegs.
Du bist wirklich häufiger irgendwo anders, als daheim, oder? Mal ganz grundsätzlich: was treibt Dich an, aufzubrechen? Warum tust Du Dir den Stress, die Anstrengung und auch das Unbequeme immer wieder an?
Weil’s einfach wahnsinnig schön ist, wenn man wohin kommt, wo es anders ist: anderer Kulturkreis, die Hitze… einfach anders. Man kann halt dem Alltag entkommen…
Was suchst Du auf Deinen Touren?
Aber was suchst Du denn außerhalb vom Alltag? Was ist es, das Du auf Reisen suchst, was Du nur unterwegs oder in fernen Ländern finden kannst – bzw. meinst, finden zu können?
Leben! Leben und Abenteuer! Also für mich ist Leben halt einfach das Erleben – und das möglichst oft und möglichst viel verschiedenes!
Also andere kommen heim, um aufzutanken und Du fährst weg, um aufzutanken, richtig? Gibt es denn dann eigentlich nicht irgendwann den Punkt, an dem nichts Neues, kein neues Bild mehr in den Kopf passt?
Doch ja, das war auf unserer LKW Asienreise so. Da haben wir ohne große Abstände so viel erlebt… Das war dann so, dass wir uns kaum an die Erlebnisse vor 4 Monaten erinnern konnten. Da war’s dann echt irgendwann mal zu viel…
Aber konntet Ihr da zwischendrin nicht irgendwie Pausen einbauen, mal ein, zwei Wochen einfach stehen bleiben?
Ja, das haben wir gemacht, wenn es die Visa erlaubt haben. Das ist wirklich ein großes Thema. Zum Beispiel muss man schon nach 5 Tagen wieder aus Turkmenistan raus! Da wäre ich beispielsweise wirklich so gerne länger geblieben.
Wo ist Dein persönlicher Sehnsuchtsort?
Wenn Du jetzt an all Deine Reisen denkst… Gibt es für Dich einen Ort, den Du als Deinen „Sehnsuchtsort“ bezeichnest – also einen Ort, an den Du (vielleicht auch nur gedanklich) immer wieder reist?
Also… das ist zum einen Ladakh, das gesamte Gebiet, nicht nur das Kloster, das ist wirklich so was von schön… und das zweite, wo ich unglaublich gerne wieder hin möchte, das ist Sanaa im Jemen… das ist wirklich so wie im Märchen… Ach ja und Isfahan im Iran. Es ist dort einfach wirklich anders, wirklich einmalig! Da kommt man wirklich zu sich selber.
Das wäre jetzt auch meine nächste Frage gewesen: Reisende sind ja oft auf der Suche nach sich selbst, bzw. nach einem Aspekt von sich selbst… Kommst Du bei all Deinem Unterwegssein irgendwann auch mal zu dem Punkt: hier fühle ich mich wie ich selbst?
Nein, den habe ich noch nicht gefunden… Es gab zwar schon ein paar Orte, an denen ich gerne für immer geblieben wäre, aber nach längerem Nachdenken kommt man dann schon drauf, dass es dort nicht so ganz passt, dass es in Deutschland schon auch Vorteile hat…
Welche Reiseziele empfiehlst Du anderen Solotravellern?
Unterm Strich Deiner bisherigen Reisezeit: Du hast die meisten Teile dieser Welt (teilweise schon mehrfach) bereist… wohin würdest Du Reiselustige schicken, die wirklich mit dem Herzen reisen möchten?
Also mein Lieblingsland ist Indien und mein Lieblingskontinent ist Afrika, vor allem das südliche Afrika. Es gibt ja so „Einstiegsgebiete“, in denen man sich so langsam ans Land gewöhnen kann: beispielsweise Goa in Indien oder man fängt eben in Kenia an, wo alles so leicht zu organisieren ist. Und dann kann man alleine losziehen.
Dein Sinn des Lebens, Gaby?
Auf Reisen treffe ich immer wieder tolle Menschen, mit denen ich über Reiseleidenschaft ins Gespräch komme… Dabei versuche ich immer, mein Gegenüber nach dem Sinn des Lebens zu fragen – wahrscheinlich besonders deswegen, weil ich ihn (noch) nicht definieren könnte. So viele Menschen – so viele unterschiedliche Antworten, die ich in meinen Reiseblog aufgenommen habe. Wie würdest denn Du auf meine Frage nach dem Sinn des Lebens antworten?
Ah, da hab ich tatsächlich schon eine Antwort drauf! Als ich nämlich mal allein mit dem Motorrad im Iran unterwegs war, haben mich die Grenzer nach Mann und Kindern befragt. Als ich dann sagte, dass ich zwar einen Mann schon, aber Kinder nicht habe, wurde gleich total ungläubig gefragt, was denn das Leben für einen Sinn machen würde, wenn man keine Kinder hat… Und dann hab ich gesagt: Ja, mach mal die Augen auf! Ich hab so ein tolles Leben, kann reisen wie ich will, habe supertolle Erlebnisse… DAS ist der Sinn von meinem Leben!
Liebe Gaby, tausend Dank für Deine Zeit – es war wieder ein super spannendes Gespräch mit Dir. Nach unseren Treffen bin ich immer voller Fernweh und Reiselust und Sehnsucht nach Abenteuern. Ich würde gerne jetzt sofort die Türe hinter mir schließen und aufbrechen… Und ich hoffe sehr, dass wir eine unserer nächsten Reisen zusammen starten werden, ausgemacht?
Mehr über Gabys Reisen quer durch Asien
Über ihren 50.000 Kilometer langen, spektakulären Roadtrip mit dem ausgebauten LKW quer durch Asien hat Gaby nicht nur einen Blog geführt, sondern auch ein sehr lesenswertes Buch geschrieben. Zur Fernwehlinderung und Inspirationssuche empfehle ich Dir ruhige Stunden und genussvolles Lesen…