Gespräch mit Elisa Model von take an adVANture

Ich kenne Elisa bereits ein paar Jahre – allerdings nur virtuell. Wir haben uns noch nie gesehen, aber schon ein paar Mal über Verschiedenes gemailt. Trotz unseres Nicht-Kennens habe ich das Gefühl, mit Elisa irgendwie verbunden zu sein, weil wir unheimlich (fast im wahrsten Sinne) viele Gemeinsamkeiten haben: wir schwärmen über das genussvolle Alleinreisen im Van, wir lieben Roadtrips über alle Maßen und fahren am liebsten abseits aller Hauptstraßen. Wir arbeiten beide am Van-Ausbau (Elisas ist allerdings schon fast fertig) und auf unseren Playlists sind sogar manch gleiche Songs. Außerdem sind wir nicht nur fast zeitgleich Charity-Rallyes gefahren (sie durch den Orient nach Jordanien, ich durch Zentralasien nach Tadschikistan) , sondern planen beide schon die nächste Teilnahme (sie durch Afrika, ich nach Wladiwostok)… Wie witzig!

Unbändiges Fernweh und Reiselust auf diese abgefahrene Welt

So viele Gemeinsamkeiten… die größte aber ist wohl unsere grundsätzliche Reiselust, das Bedürfnis, möglichst oft “on the road” und draußen zu sein! Was ist Deine Motivation? Ist es Fernweh? Flucht vorm Alltag? Oder geht es Dir schlicht um das Unterwegssein?
Meine Reiselust ist pures und unbändiges Fernweh. Zum Glück besteht mein Leben zu Hause aus keinem klassischen Alltag, es gibt hier nichts, von dem ich fliehen müsste. Trotzdem zieht es mich immer wieder hinaus in diese absolut abgefahrene Welt, mit ihren vielen versteckten Ecken und großartigen Landschaften. Jede Reise ist ein neues Abenteuer, verbunden mit Geschichten, die sich in Wort, Bild und Geruch im Gedächtnis festsetzen. Und dieses Geschichtsbuch möchte immer weiter gefüllt werden.

Was suchst Du auf Reisen? Was gibt es Dir und was prägt Dich?

So unterschiedlich Deine Reisen sind: alleine im Van durch Europa, mit Deinem Mann im Jeep und Dachzelt durch Kanada, oder in einer Gruppe per LKW durch den Orient… Warum brichst Du auf? Was suchst Du?
Ich sage immer gerne, dass ich nach diesem einen speziellen Moment suche. Dieser Moment hat keine Definition oder Ortsangabe und ich könnte niemals beschreiben, was ihn genau ausmacht. Erst, wenn er da war, dann weiß ich, dass ich ihn gefunden habe. So erging es mir auf meiner vorletzten Reise, als ich im Morgennebel bei Temperaturen knapp über 0 Grad in einem kleinen Kanu auf dem großen Yukon River saß. Und dort die ein oder andere Freudenträne verdrückt habe, beim Anblick der makellosen Schönheit unserer Natur. Ich möchte unzählige Momente wie diesen erleben, ich möchte die Welt in all ihrer Vielfalt sehen. Und mich immer wieder auf’s Neue überraschen lassen. Darum breche ich auf.

Und kannst Du irgendwie benennen, welche Form des Reisens Dir am meisten „gibt“?
Immer dann, wenn ich total unabhängig bin und frei entscheiden kann. Die Kombination aus Camping und Roadtrips ist die Form, die über allem steht. Wenn die Natur zum Mittelpunkt, der Kaffee am Morgen mit Blick über Wald und Wiesen zum Hochgenuss und das Lagerfeuer am Abend zum Highlight wird. Ich habe in meinem Leben diverse Arten des Reisens ausprobiert und bin so froh, für mich mittlerweile die perfekte Variante gefunden zu haben.

Hat Dich ein Moment oder ein Ort in der Ferne so geprägt, dass Du wirklich verändert nach Hause gekommen bist? Bzw.: hast Du das Gefühl, dass Dich das häufige „woanders sein“ zu einem anderen (besseren?) Menschen macht?
Zu einem anderen Menschen sicherlich, ob zu einem besseren, das kann ich nicht beurteilen. Das Reisen hat mich definitiv mutiger und gelassener gemacht. Ich kann die Veränderung nicht auf ganz genau einen Ort fixieren, schlussendlich ist es wohl die Gesamtheit der Reisen in die unterschiedlichsten Länder. Mit jeder Tour habe ich immer mehr festgestellt, was ich wirklich will und worauf ich meinen Fokus legen möchte. Keine Stadt der Welt kann mir das geben, was mir eine unverbaute und ländliche Landschaft gibt. Und auch der Stellenwert von materiellem Besitz und finanziellem Reichtum hat sich über die Jahre gewandelt – er ist quasi nicht mehr vorhanden.

Wenn ich wieder daheim bin, tragen mich die Bilder der Reise durch den Alltag – monatelang… Welches Bild begleitet Dich am stärksten?
Das kenne ich nur zu gut! Bilder und Momente tauchen in den Wochen nach einer Reise immer wieder unvermittelt auf, zusammenhangslos und in den verschiedensten Situationen. Ich bin ein Tagträumer und da kann es dann schonmal passieren, dass ich mich minutenlang darin verliere. Dabei ist es nie ein bestimmtes Bild, sondern immer die Summe aus vielen. Wie eine Bilderreise in die nahe Vergangenheit.

Allein zu reisen ist vielleicht egoistisch – aber die pure Freiheit!

Wie ich schwärmst ja auch Du sehr für das Alleinreisen. Was genau findest Du daran so herrlich?
Die Unabhängigkeit und die pure Freiheit. Für spontane Planänderungen muss man sich nicht rechtfertigen und den eigenen Gedanken kann man endlich mal freien Lauf lassen, ohne Ablenkung. Ich muss auf niemanden Rücksicht nehmen, was, das muss ich gestehen, schon eine ziemlich egoistische Art des Reisens ist.

Du stehst ja auch ganz gerne mit Deinem Van abseits und genießt die Stille um Dich. Gab es Momente, in denen Du Dich unwohl gefühlt hast, als Du (bzw. weil Du) allein unterwegs warst?
Es gab in der ganzen Zeit nur einen einzigen Moment, damals auf den Lofoten. Und der Grund dafür war einfach eine zu große blühende Phantasie. Ansonsten genieße ich solche Zeiten in vollen Zügen und habe noch nie schlechte Erfahrungen gemacht.

Ganz unter uns: wenn ich (die seltenen Male) Alleinreisende sehe, dann entfleucht mir auch spontan (aber ganz kurz) ein mitleidiger Gedanke, dass derjenige so allein ist… passiert Dir das auch?
Haha, naja, manchmal vielleicht. Eigentlich habe ich aber eher den Drang zu der Person hinzugehen und sie nach ihrer Reise zu fragen. Woher sie kommt, wohin sie geht, ob sie Lust auf ein Bierchen hat und ob sie einen schönen Stellplatz empfehlen kann.

Ich werde ja auch immer wieder darauf angesprochen, dass nicht nur das Alleine unterwegs zu sein unvorstellbar ist, aber noch krasser es ist offenbar, als FRAU allein zu fahren. Passiert Dir das auch? Was glaubst Du, warum das so eine absurde Vorstellung für die meisten ist?
Ja, ab und zu. Manchmal ärgert es mich, manchmal ist es mir egal. Das Ganze ist sicherlich noch immer den Wertvorstellungen aus dem letzten Jahrhundert geschuldet, vielleicht liegt es aber auch ein bisschen an uns Frauen selber. Viele bedienen noch immer die Rolle des „schwächeren“ Geschlechts und möchten daran auch nichts ändern.

Allein zu reisen trotz Beziehung: absurd oder einfach selbstverständlich?

Du bist ja schon sehr lange in einer Beziehung und warst trotzdem wochenlang allein unterwegs. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Eure Hochzeit etwas daran ändert, oder doch? Wirst Du demnächst noch mal zum Alleinreisen kommen? Oder ist das eben gerade im Moment einfach nicht dran?
Die Hochzeit war ein wunderschöner Tag, mit vielen tollen Augenblicken. Ich gehöre aber nicht unbedingt zu den romantischen Menschen und vielleicht deshalb, vielleicht auch meinem großen Drang nach Freiheit geschuldet, hat das ganze Event nichts am Status Quo geändert – außer dem neuen Nachnamen. Mittlerweile war ich auch wieder auf 3 Kontinenten alleine unterwegs und möchte keine dieser Reisen missen wollen. Natürlich genieße ich die Zweisamkeit unterwegs, wenn man die schönen Situationen teilen kann, bin aber froh, dass ich die Wahl habe. Für mich ist die Mischung gerade perfekt und lässt Spielraum für eigene Ideen. Umso mehr freue ich mich auf jedes Wiedersehen nach einer Tour.

Viele, denen ich versuche, das Schöne am Alleinreisen zu erklären, winken ab, weil sie ja in einer Beziehung sind und sich deswegen eine Tour alleine gar nicht vorstellen können – oder wollen, oder “dürfen”. Der Partner wird dann vorgeschoben, weil es wahrscheinlich den größten Mut erfordert, sich selbst zuzugestehen, dass man sich  mal eine Auszeit nehmen will. Wie ist das bei Dir? Ist es für Dich die größere Überwindung, Deinem Mann die Pläne zu sagen – oder Dich selbst zu motivieren, allein zu sein?

Faszinierend, dass für viele das Alleinreisen, wenn man in einer Beziehung ist, völlig unmöglich und absurd erscheint. Ich weiß gar nicht, woher das kommt?! Die Motivation fällt mir eigentlich nur dann schwer, wenn es um die kleinen Abenteuer geht. Wenn er quasi noch im warmen Bett neben mir liegt, während ich in der Nacht aufstehe, um auf einen Berg zu steigen. Dann ist die Gemütlichkeit der eigenen 4 Wänden doch auch mal sehr verlockend.

Und warum sollte man denn überhaupt alleine reisen, wenn man dann doch die schönen Momente nicht teilen kann? Wenn beide gerne reisen: Welchen Mehrwert soll das Alleinesein unterwegs haben?

Ich bin der Meinung, dass man während einer Solo-Reise am meisten über sich selbst lernt. Genau dann zeigt sich die favorisierte Reiseart, man merkt, wie mutig man sein kann und dass die eigenen Grenzen ganz woanders liegen, als man es je gedacht hatte. Ich habe manchmal das Gefühl, dass man als Paar auch nur so wahrgenommen wird: Nicht mehr als Individuum, mit eigenen Vorlieben. Warum ist das Alleinreisen als Single etwas anderes, als das Alleinreisen trotz einer Beziehung? Das habe ich noch nie verstanden. Ich könnte jetzt stundenlang philosophieren und schwärmen… vielleicht würde ich noch den Begriff “Persönlichkeitsentwicklung” in den Raum werfen. Wobei das irgendwie ziemlich trocken und fade klingt. 🙂

Die Reiseträume enden nie – im Gegenteil

Von welchen Reiseplänen träumst Du gerade? Ich weiß, dass Du im Mai wieder an einer Rallye teilnimmst (diesmal nach Afrika) und momentan Deinen T5-Ausbau vervollständigst. Was steht noch auf Deiner bucket list ganz oben?
Da die Liste mit jeder Reise nicht kürzer, sondern immer länger wird, kann ich mich nur schwer entscheiden. Mit Hitze und warmen Temperaturen komme ich nicht so gut klar, deswegen zieht es mich meistens in die etwas kälteren Gegenden (was jetzt nicht unbedingt auf die nächste Rallye zutrifft). Russland und Nepal reizen mich sehr. Und auch die ganzen Stan-Länder: Kirgisistan, Pakistan, Tadschikistan 😉 …

Hast Du eigentlich in Summe all Deiner Erfahrung eine ultimative Reiseziel-Empfehlung?
Puh, lass mich mal überlegen. Kanada ist ein Traum, recht klassisch, aber immer einen Besuch wert. Australien ist meine erste große Reiseliebe. Marokko ist abseits von Marrakech ein wunderschönes und gastfreundliches Land. Und die Türkei hat mich während der letzten Rallye verzaubert.

Eine ganz klare Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens

Auf jeder meiner Reisen habe ich besondere Herz-Begegnungen mit inspirierenden Gesprächen und wenn möglich frage ich mein Gegenüber dann nach dessen Sinn des Lebens. Schon viele Antworten habe ich in meinem Reiseblog aufgelistet und bin immer wieder beglückt über die verschiedenen Einstellungen zu dieser Frage. Wie würde denn Deine Antwort auf meine Frage nach dem Sinn des Lebens lauten?
Der Sinn des Lebens? Der ist für mich ganz klar glücklich zu sein – in jeder Minute, so gut es geht. Und dafür tue ich alles.

Liebe Elisa. Ich danke Dir von ganzem Herzen, dass Du Dir die Zeit genommen hast, mir meine Fragen zu beantworten. Da Du selbstständig bist (noch eine Gemeinsamkeit mit mir!), weiß ich ja, wie anstrengend es ist, sich die Zeit für solche „Späße“ zu nehmen. Ich bin mir sicher, dass wir uns demnächst mal wegen irgendeiner Gemeinsamkeit zufällig treffen werden und bis dahin freue mich über jeden einzelnen Artikel auf Deinem so supertollen Blog mit Deiner wunderschöner Sprache und den umwerfenden Fotos!

Mehr über Elisa auf ihrem Blog take an adVANture

“Ich habe aufgehört bei den Dingen, die mir im Leben wichtig sind, irgendwann zu sagen. Denn irgendwann ist auch nur ein anderes Wort für nie.”

Eine Wahrheit, die Elisa wirklich lebt – und in ihrem tollen Blog wunderschön beschreibt. Es ist eine wahre Freude und Inspiration, ihre Texte zu lesen und die tollen Bilder dazu zu betrachten!


blog “take an advanture”


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